Humboldt-Forum und Kolonialgeschichte

HISTOX Zeit und Geschichte

In Ausgabe 7/2015 der Blätter für deutsche und internationale Politik kristisiert der Historiker und Afrikawissenschaftler Jürgen Zimmerer in einem Beitrag unter dem Titel Humboldt-Forum: Das koloniale Vergessen die Konzeption für die Ausstellungen, die im Nachbau des alten Berliner Stadtschlosses gezeigt werden sollen. In der Zusammenführung aller ethnologischen und „völkerkundlichen“ Sammlungen im Zentrum Berlins komme in dem Projekt ein Maß an Geschichtsvergessenheit und eurozentrischer Selbstgewissheit zum Ausdruck, das seinesgleichen suche.

Inittiativen, dem „Kolonialismus als erinnerungspolitisches Vakuum“ (Zimmerer) entgegen zu arbeiten, gibt es mittlerweile einige in Berlin. Das Projekt Lern- und Erinnerungsort Afrikanisches Viertel (LEO) präsentiert im Netz eine interaktive Karte, auf der die Verherrlichung der deutschen Kolonialgeschichte in diesem Teil des Wedding kritisch dargestellt wird. im „Afrikanischen Viertel“, nahe dem Volkspark Rehberge an der U-Bahnlinie 6 wurden zwischen 1885 und 1958 wurden 25 Straßen und Plätze im Wedding nach afrikanischen Ländern, Städten und Flüssen, Kolonialstützpunkten und Kolonialherren benannt: Namen wie Sansibarstraße und Lüderitzstraße künden davon. Die nach dem frühen Kolonisator Adolf Lüderitz soll nach Vorstellung von LEO umbenannt werden, das ganze Afrikanische Viertel müsse dekolonialisiert werden. Das Projekt, das von dem aus Eritrea stammenden Diplom-Politologen Yonas Endrias und dem Leiter der VHS Mitte geleitet und koordiniert wird, bietet außerdem Lesungen und Stadtführungen zur Kolonialgeschichte und zur sozialen Situation deutscher schwarzer Hautfarbe und Afrikaner_innen in Deutschland an.

Seit März 2014 gibt es eine „Schwarze Bibliothek“, die von dem Verein Each One Teach One getragen wird. Grundstock für die 2000 Bände umfassende Bibliothek ist die Sammlung der vor 20 Jahren verstorbenen Vera Heyer, die systematisch Publikationen von afrikanischen Autor_innen sowie weitere schriftliche Dokumente zum Thema Afrika zusammengetragen hat. Das Konzept Each One Teach One hat seine Wurzeln in der Zeit der Sklaverei in den USA, als Sklaven, die entgegen der allgemeinen Praxis Zugang zu Bildung hatten, aufgefordert waren, andere Sklaven zu unterrichten. EOTO bietet dazu eine Black Diaspora School an.

Seit dem 10. Juli 2015 bezeichnet die Bundesregierung die Ermordung von etwa 85000 Herero zwischen 1904 und 1908  im heutigen Namibia offiziell als „Völkermord“.